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Spanisch für Anfänger

Quelle: Compact Verlag

Diese Woche ließ José Mourinho die Presse wissen, dass er sich gerne einmal näher mit den beiden deutschen Neuzugängen Mesut Özil und Sami Khedira unterhalten würde. Der Trainer von Real Madrid weiß, dass eine gepflegte Konversation das Gefühl der Zusammengehörigkeit stärkt – wenn man nicht gerade heikle Themen wie Politik, Religion oder die desolaten Finanzen des eigenen Klubs anschneidet.

Leider erschwert ein Umstand das ungezwungene Parlieren. Der portugiesische Star-Coach spricht weder Deutsch noch Türkisch. Nicht einmal ein paar Brocken Schwäbisch kann er mit dem ehemaligen Stuttgarter Sami Khedira austauschen, da er außer Spanisch, Italienisch und Englisch keine weitere Fremdsprache beherrscht. Unbehagliches Schweigen ist die Folge dieser babylonischen Sprachverfehlung und das führt zu Missverständnissen und bösem Blut.

Mourinho petzte nämlich den Journalisten, dass die beiden Mittelfeld-Talente in der Landessprache weit limitierter sind als in ihrem Fußballspiel. Nur „buenos dias“ und „hola“ beherrschen sie , also weit weniger als der durchschnittliche Malle-Besucher, der wenigstens noch „una, dos, tres cerveza“ und „un café solo“ bestellen kann.

Meine spanischen Sprachschüler bestätigten mir aber, dass es mit den Spanischkenntnissen des exzentrischen Fußballlehrers auch nicht weit her ist. Trotzdem hat er für die Mütter der beiden Jungstars schlechte Nachrichten: Ihr Nachwuchs habe in der Schule wohl desöfteren den Englisch-Unterricht geschwänzt. Denn selbst in der lingua franca sei eine Unterhaltung zum Beispiel über Wittgensteins tractatus nicht möglich. Dieses Manko teilt das deutsche Duo übrigens mit Lothar Matthäus, der einst selbst zugab: „My Englisch is not very good. But my German is much better.“

„Wovon man nicht reden kann, darüber sollte man schweigen.“, sagt der Philosoph, aber nicht der Trainer der Königlichen. Der steckt den Finger lieber direkt in die Wunde der Einsprachigkeit – just in dem Moment, in dem hier allen Ernstes darüber diskutiert wird, ob unser Land deshalb verdummt, weil sich die vermeintlich Blöden, die Migranten, rascher vermehren. Bestätigt Mourinhos Kritik an den beiden Deutschen mit Migrationshintergrund ungewollt die kruden Zahlenspielchen des maulwurfsäugigen Berliner Ex-Finanzministers?

Aber nein, der brave Sami Khedira zeigt sich nach der Trainer-Schelte jedenfalls schon reuig und gelobt, nach den EM-Qualifikationsspielen, dreimal pro Woche einen Intensiv-Kurs in Spanisch zu belegen. Hoffen wir also, dass er mehr Sprachtalent beweist als der einstige Gladbach-Stürmer Lawrence Aidoo aus Ghana, gegen den Hans Meyer mit einem legendären Bonmot stichelte: „Er lernt seit zwei Jahren die deutsche Sprache und kann jetzt schon „Guten Tag“ sagen.“

Auch in der Bundesliga kämpfen ausländische Spieler meist nicht nur mit dem Ball, sondern mit der permanenten Frage: „der, die oder das“? Traditionell gelten die Niederländer als sprachkompetent. Louis van Gaal, Arjen Robben und Marc van Bommel beherrschen Deutsch wie einen niederländischen Dialekt. Spielerisch leicht prägen sie neue Redewendungen, die dann von Muttersprachlern übernommen werden, wie zum Beispiel „Chancen kreieren“ oder die Verwendung des „Du“ anstelle des unpersönlichen „man“.

Zu den Sprachverweigerern zählen tendenziell die Brasilianer; sie überzeugen lieber durch Taten denn Worte. Eine Ausnahme bildet freilich „kleines, dickes Ailton“, der am liebsten in der dritten Person von sich selbst spricht. Lockere Sprüche wie „Ailton auswechseln? – Immer Fehler!“ oder „Ailton Tor: alles gut!“ sind zu seinem sprachlichen Markenzeichen geworden.

Preisverdächtig ist jedoch die Lernbereitschaft des ersten Nordkoreaners im deutschen Profi-Fußball. Chong Tese vom VfL Bochum gab nach erst fünf Wochen Unterricht schon sein erstes Interview auf Deutsch. „Lernen statt schlafen“ lautet sein ehrgeiziges Motto. José Mourinho wäre begeistert.

Van Tastisch

„Endlich wieder Fußball“, jubelte mir in dieser Woche ein Aufsteller einer Boulevard-Zeitung vor einem der gefühlt sechs Millionen Kioske in Berlin entgegen. Wurde ja auch Zeit, dass wieder ein richtiger Sport die Berichterstattung beherrscht – und keine Freizeitvergnügungen wie Synchronschwimmen, Turmspringen oder Golf. Eine Erleichterung.

Aber die Wochen und Wochenenden ohne Fußball hatten auch ihren Reiz: Ich fuhr mit meiner Familie in den Urlaub, lag mittags am Strand und spielte abends Kniffel. Ein Leben ohne Fußball ist zweifellos möglich. Man kann ja durchaus glauben, die Erde sei eine Scheibe und trotzdem ganz ordentlich durchs Leben kommen. Aber in so einem Dasein würde ein diffuses Gefühl mitschwingen, dass etwas fehlt. Nicht umsonst ist unser Planet als Ball geformt. Wäre er eine Scheibe, wären wir vielleicht Weltmeister der Herzen im Frisbee. Doch „hätte“, „wäre“, müsste“ zählen nicht, am Ende geht es darum, wer den Ball hinter die Linie bugsiert und wer nicht.

„Endlich wieder ein Traumstart des HSV“, werden die Zeitungen titeln. Denn die Hamburger haben nicht nur ihr Auftaktspiel der Saison 2010/11 gegen Schalke 04 gewonnen, sondern auch den Ausscheid zu DSDSEM – Deutschland sucht den Super Ex-Madrilenen. Ruud van Nistelrooy zeigte Raúl, dem ehemaligen Kollegen bei Real, wie Fußball in der Bundesliga geht: Zwei Tore und ein Lattentreffer sind eine respektable Ausbeute gegen den Verein von Felix Magath. Im Gegensatz zur letzten Spielzeit konnten die Königsblauen die drohende Niederlage gegen die Hanseaten nicht mehr abwenden. Dazu fehlte ihnen diesmal die Klasse und ein vogelwild spielender Kevin Kuranyi.
In zwei oder drei Monaten wird wahrscheinlich der Madrilenen-in-Deutschland-Wettbewerb um Arjen Robben erweitert. Der niederländische Flitzer steht ja nach der WM-Spritztour demoliert in der Garage in der Säbener Straße, was die Münchener Bosse zur Weißglut treibt.

Und in der Zwischenzeit wird wohl „van the man“ an seiner beeindruckenden fußballerischen Vita weiterschreiben. Er wurde in jeder Liga, in der er bisher spielte, mindestens einmal Torschützenkönig: In der niederländischen Erendivise, der englischen Premier League und der Primera Divison in Spanien sammelte er die höchste Auszeichnung für einen Stürmer. Die Chancen stehen also gut, dass Ruud diese Serie in der Bundesliga fortsetzt. Der HSV kann sich als siebter der vergangenen Spielzeit in dieser Saison ganz auf Meisterschaft und DFB-Pokal konzentrieren. Die sogenannte Doppelbelastung der Europa League und die damit verbundenen Ausflüge in Fußball-Entwicklungsländer wie Aserbaidschan oder Österreich bleiben dem Verein und auch Ruud van Nistelrooy erspart. Dafür wird es mal wieder ans Millerntor gehen, in den Hamburger Stadtteil St. Pauli, wo man gegen freche Aufsteiger, die traditionell hässliche Trikots tragen, spielen muss: Das letzte Mal war das vor acht Jahren der Fall.

Raúl musste hingegen bitter erfahren, dass Schalke kein Vorort von Madrid ist, der Angreifer hatte ja seit 1994 bei keinem anderen Klub gespielt. Nicht nur die Beflockung seines Namens auf dem Trikot zeigt, dass er noch nicht richtig in Gelsenkirchen angekommen ist, obwohl ihm immerhin seine Nummer sieben als Gastgeschenk überreicht wurde. Der Schriftzug auf dem Rücken sieht aus wie „Raú l“ und wirkt, als ob das „l“ vergessen und nachträglich angeflickt worden wäre. Wie ein Anhängsel spielte auch der ehemalige Welttorschütze, für ihn gab es keine Lücke in der Hamburger Abwehr. Deswegen wurde er ausgewechselt gegen den jungen Christoph Moritz. Wie der Spanier das beim Abendessen seiner Frau beigebracht hat, würde ich gerne wissen. Felix Magath kann so grausam sein: Die Real-Ikone ist nicht der erste, der diese Erfahrung machen muss.

Farbenspiele

Zehn Paar schwarzgelbe Ringelsocken und die Südtribüne, eine 25.000 Mann starke „Wand“, ebenfalls im grellen Gelbton: Beim Auswärtsspiel in Dortmund ging es farbenfroh zu. Selbst der neue Derbystar-Ball strahlte nicht nur weiß, sondern – passend zum BVB-Hauptsponsor – purpur.

Dem HSV wurde dieses Spiel am Ende doch zu bunt. Der Verein ist bekanntlich ein Vertreter zurückhaltender Töne, vor allem das Blau präsentiert er mit kühler Eleganz. Angesichts der drängenden schwarzgelben Dortmunder aber wirkten die Hamburger wie festgeklebt. Vielleicht hatte das etwas mit dem ehemaligen Sponsor der Westfalen zu tun. Deutschlands bekanntester Klebstoffhersteller weist bekanntermaßen dieselbe Farbkombination auf.

So lässt sich zumindest die zeitweilige Hirnverkleisterung von Dennis Aogo erklären, die zu einer verunglückten Vorlage zu Gegenspieler Nelson Valdez führte. Diesmal dachte der Chancentod aus Paraguay nicht lange nach und erzielte entgegen seiner sonstigen Gewohnheit ein Tor, das Tor des Tages. Hätte man vorher auf einen Erfolg des Stürmers gesetzt, man hätte sicherlich einen ordentlichen Wettbonus (Anzeige) einstreichen können. Mit diesem Sieg zieht Dortmund jedenfalls am HSV vorbei, dem wieder einmal nur der ungeliebte fünfte Platz bleibt.

Aus dem Europa League Abonnement kommen die Rothosen anscheinend nicht so leicht heraus. Für die Vorstellung von Bruno Labbadias Team findet Frau Pleitegeiger deftige Worte und hat dabei einen völlig anderen Farbton im Sinn: „Das war, Entschuldigung, aber das muss auch mal gesagt werden, schlichtweg Scheiße!“

Ein Oranje soll nun einen frischen Akzent im Hamburger Sturm setzen. Zum Entsetzen meiner Freundin, die diese Farbe abgrundtief hasst. Ruud van Nistelrooy wurde am Wochenende aus Madrid geholt, um die Tradition der Niederländer an der Alster fortzusetzen. Die Kollegen im Angriff Tunay Torun und Marcus Berg dürfen es sich schon einmal auf der Auswechselbank bequem machen. Ich bin mir sicher, „Van the man“ wird für die Hanseaten genauso wichtig wie Landsmann Arjen Robben für die Münchener Bayern. Die funkeln in der Offensive mittlerweile wieder ganz respektabel. Allein Trainer Louis van Gaal war in der Begegnung gegen die Weserlinge etwas ungeschickt. Nach Robbens Latte-Unterkante-Freistoßtor ließ er sich vor Freude auf das Grün fallen und schürfte sich dabei die Hand auf. Auch eine Form, sich zum Bayern-Rot zu bekennen.


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